Dieser Besuch in der Coppelia Eisdiele, die 1966 von Mario Girona als Architekt gebaut wurde, hat mir besonders viel Spaß gemacht. Urban Archaeology at its best!!!

Zum einen war es mein erster Anlauf alleine in Kuba unterwegs, und ich wollte mich unauffällig verhalten bzw. nicht auffallen. Dass das überhaupt möglich ist – bestens sogar – hätte ich nicht für möglich gehalten. Auf dem Friedhof bin ich hiernach auch glatt als Kubanerin durchgelassen worden. Dies hier jetzt waren meine ersten Schritte, und schon die Anfahrt zur Eisdiele habe ich verpatzt (siehe Beitrag Taxifahren in Havanna).

Unser Cabrioletti-Fahrer mit dem tollen Oldtimer, in dem er Tage zuvor Phil Collins persönlich zum Rolling Stones Konzert chauffiert hatte, hat mir die Schlange gezeigt, an der ich mich anstellen musste. Ich hätte gedacht, das wäre eine Schlange vor einer Bushaltestelle gewesen. Später lernte ich, dass allerortens Schlange gestanden wird.

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Die ersten in der Schlange sprach ich kurz an, wie lang sie schon stehen würden und reihte mich dann am Ende ein, so ca. 50 Leute vor mir. Es war heiß. Das ist es immer, aber ist erwähnenswert, weil das dazu führte – ich hatte es vorher gelesen – dass sich die Leute auf der anderen Straßenseite unterstellten, aber ihren Platz in der Schlange behielten.

Ging es überhaupt voran? Und wie funktioniert das hier nun? Ich traute mich nicht zu fragen, wollte ja nicht auffallen. Total bescheuert, denn ich fiel garantiert auf. Nur interessierte sich angenehm niemand für mich. Es war Sonnabend Vormittag um mich herum standen Familien oder Jugendliche in Grüppchen. Mein Bruder hatte mich gewarnt, mich nicht von irgendjemandem aus der Warteschlange ziehen und in den Touristenteil bringen zu lassen. Also stillhalten. War ja auch interessant, dem Treiben um mich herum zuzusehen und zuzuhören.

Der großartige Coppelia-Bau, die Eisdiele, ist heutzutage von der Straße her kaum zu erkennen. Weil die Bäume in dem “Häuserblock” (er beherbergt nur das Eiscafé) längst alles verdecken mit ihrem Grün.

Hier könnt Ihr mal sehen, wie Coppelia ohne Bäume drumherum aussah. Vorher stand dort ein Krankenhaus.
Und hier gibt es Hintergrund-Informationen zu der Eisdiele auf Wikipedia (englisch).

Es ging also voran, ein Mann holte nach und nach Gruppen von Wartenden aus der Schlange ab und begleitete sie gen Kuppelgebäude. Ich glaube, so beim 3. oder 4. Schub und nach einer halben Stunde, die schnell verging, war ich auch an der Reihe und stratzte hinterher.

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Auswahl des Tages: Mantecado und Chocolate

Dann die Mega-Enttäuschung!

Wir wurden unter das Gebäude geführt, wo wir im dunklen Schatten Tischen zugewiesen wurden. Schwups saß ich an einem Platz mit einer schwarzen Dame und einer Mutter mit Teenager-Tochter.

Und nun, wie geht es weiter? Ich sah mich schleunigst auf den anderen Tischen um, was da so bestellt wurde. Es gab einen Süßteig – und Eis. Draußen waren zwei Sorten angeschlagen, es gab aber zwei andere. Ich bestellte 1 Kugel Schokolade und 1 Kugel Vanille.

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Ich war fasziniert davon, dass die Besucher sich mehrere Schalen auf einmal bestellten. Zumal man ja auch hätte nachbestellen können (?), der Service ging zügig.

Neben uns wurde die Bestellung an den Tisch gebracht. Ich äußerte meine Überraschung darüber, dass einige gleich zwei Portionen und Schalen vor sich und bestellt hatten. Da kam unser Eis: die Oma neben mir hatte sogar 3 Doppel-Portionen bestellt! Und fing an, alles genüsslich in Ihre mitgebrachte leere Plastik-Kakaodose zu füllen. Das Eis! Was´n Schweinkram. Ich sprach wieder und man vermutete, sie würde um die Ecke wohnen und es gleich ins Gefrierfach tun. Aber nein, sie wohnte weit weg.

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Das meiste packte die Dame zu meiner linken in ihre Plastikdose um es mitzunehmen.

Das Eis schmeckte köstlich! Es war bestreuselt mit Keksgekrümel. Dazu bekamen wir während der Wartezeit je ein Glas Wasser hingestellt, danke! Bei 35°C sehr nötig.

Dann der nächste Schritt und Schock. Ich las plötzlich auf der Eistafel, dass man hier nur in CUP bezahlen kann, also dem lokalen Peso Cubano. Und ich hatte ja immer noch kein Geld dieser Währung erworben, weil ich immer wieder keine Lust auf Schlangestehen gehabt hatte.

Das Eis kostete 2 CUP, also 1 CUP pro Kugel. Das sind 0,04€. Für Einheimische. Ich fühlte mich ein bisschen schlecht, mich hier mit untergemischt zu haben, bei den Preisen.
Und ich wurde eingeladen, die Mutter zahlte meine 2 CUP. Noch nicht Herr der Wechselkurse bot ich ihr 1 CUC (= 25 CUP) dafür an, wollte sie aber nicht.

Ich bin eingeladen worden! In Kuba und gleich bei meinem ersten Besuch irgendwo. Es war mir peinlich, aber was konnte ich tun? Nichts.

Okay, das war also Coppelia, ich war zufrieden und glücklich, den Ablauf erlebt und das leckere Eis gegessen zu haben. Wäre ich entspannter gewesen oder zu zweit und “hätte ich das nötige Kleingeld” gehabt”, hätte ich auch noch eine Portion mit zwei Kugeln nachbestellt.

TEIL II

Ich stand auf, verabschiedete mich von den Damen am Tisch und ging aus dem Café-Bereich raus. Sehnsüchtig blickte ich nach rechts, wo ich vor der großen tollen Kuppel stand, in der sich oben die eigentliche Coppelia Eisdiele befindet!

Zögerlich stellte ich mich an die Absperrung. Irgend jemand ging einfach durch. Hm. Ich hatte Respekt, viel Respekt, vor der Absperrung und dem Geschlossen-sein. Ich sah Arbeiter unter der Kuppel, die mit dem Pinsel die Säulen strichen.

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Dann wurde ich einfach mal mutig und erwartete an sich, sofort angehalten zu werden. Aber nichts passierte. Wie auch sonst nie auf Kuba. Niemand schreit oder pfeift einen zurück. Im Gegenteil, jemand kommt dazu und möchte einem etwas erklären. Ich bin so froh, dass ich fließend spanisch spreche, und dass kubanisch so leicht zu verstehen ist für mich.

Also tastete ich mich vor bzw. ging langsam weiter, immer noch unter der Kuppel. Ich glaub ich tat so als suchte ich die Toilette… und ach, da wars zu spät (dachte ich). Da sass schon eine Uniformierte (neben den Toiletten) und sah mich an, und bevor sie mich ansprechen konnte, sprach ich sie an.

Ob denn oben geschlossen sei? Zu meinem Erstaunen erhielt ich die Antwort, dass geöffnet sei. ???
Kann ich da hochgehen? Ja!

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Und schon wurde ein Herr gerufen, um mich in den derzeit geschlossenen großen Saal zu geleiten. Ach wie nett. Dachte ich.

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Und dann kam das, wovor mein Bruder mich gewarnt hatte. Ich wurde in den Touristenraum der Eisdiele geführt! Der nette Kellner zeigte und erklärte mir alles. Er stutzte als ich sagte, dass ich schon unten gegessen hätte. Aber ich sagte, ich würde sehr gern auch hier nochmal Eis essen, weil es so gut sei. Hier gab es (nur) Erdbeer und Vanille. Zwei Kugeln bitte. Ebenso lecker.

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Während ich wartete, sah ich mich in dem schmalen Raum ohne Fenster um. Der wirklich nichts attraktives hatte. An den Wänden interessante historische Fotos aufgehängt, auf dem TV spielte BVB Fußball. Der Raum war schmal, in rot gehalten, Fenster nur ganz oben zum Lüften. Definitiv nichts zum Erinnern geschweige denn, wo man sich besonders wohlfühlt. Es war nett, und es war lecker, und ich habe auch die zweite Portion Eis vom Coppelia genossen. Diese kostete 2 CUC (= 50 CUP, im Gegensatz zu den 2 CUP vorher für das Gleiche). Das schon mal vorausgeschickt zu den zwei komplett unterschiedlichen Währungen und den Problemen damit, mehr für die Einheimischen als für die Touristen natürlich.

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Ich freute mich, dass ich das auch noch mitgemacht hatte, die Touri-Falle (das ist gemein, es war ja auch sehr nett und lecker, aber eben nicht schön – CUC/CUP hin oder her).

Ich ging hinaus und auf die Treppe zu nach unten.

Aber halt! Der Weg geht auch geradeaus, hinter der Säule ist direkt vor mir diese fantastische alte Kuppel-Eisdiele, die geschlossen hat und gerade renoviert wird. Es war ja keiner da. Und ich ging einfach mal langsam weiter.

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Und dann stand ich mitten im Coppelia! Auseinandergenommen und mitten in den Renovierungsarbeiten, und wunderschön. Diese Glasfenster. Und alles menschenleer (bis auf ein paar Decken-Malende am anderen Ende der Kuppel).

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Wow wow wow, ich konnte mich gar nicht wieder einkriegen.

Was für ein Glück war das denn??

Ich ganz alleine in diesem wunderschönen Coppelia Gebäude!

Für ein paar Minuten schlich ich mich noch kurz etwas weiter hinein und fotografierte.

So wie ich kann das auch nicht jeder sehen.

Ich freue mich auf eine Rückkehr, wenn es wieder geöffnet hat – wahrscheinlich ist es schon längst wieder offen.

Coppelia Eisdielen gibt es aber nicht nur diese eine in Havanna. Es ist eine Ladenkette, und ich habe noch zwei weitere Filialen gesehen. Die Filiale in Cienfuegos nur im Vorbeifahren mit dem Bus, knapp noch ein Foto erwischt. In Trinidad bin ich hineingegangen – kein Vergleich zu diesem Prachtbau und dem Gesamtbild in Havanna.
Auch von der berühmten Floridita-Bar in Havanna gibt es übrigens mehrere Filialen. Die in Trinidad war aber so leer um 22 Uhr, dass ich nicht mal hineinging.

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Coppelia in Cienfuegos
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Coppelia in Trinidad

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Jetlag
Kakao / Schokolade aus Kuba
Coppelia Eisdiele (Kuba)
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